Samstag, 21. September 2013

Ein paar Gedanken...



 Nach und nach werden einem die kulturellen Unterschiede immer bewusster. Manche Klischees sieht man bestätigt, andere nicht. Aber ich glaube vieles nimmt man noch aus einem ganz anderen, deutschen Sicht wahr und von Zeit zu Zeit ändert sich noch einiges. Was auch jeden Fall schon mal auffällt, ist die Sache mit der Zeit. Termine. Bei uns in Deutschland besteht jeder Tag aus einigen Terminen, manchmal sogar der ganze Tag. Wie oft hört man sich doch stöhnen „von eine Termin zum nächsten“ ! Hier läuft das anders ab: es gibt sie zwar, diese Termine, aber das heißt nicht viel. Uns wurde schon öfters eine Uhrzeit genannt, zu der wir fertig sein sollen. Bereit zum Aufbruch haben wir dann manchmal noch eine Stunde gewartet. Oder es wird von Anfang an keine genaue Uhrzeit ausgemacht und als Deutscher fragt man sich dann, wie das eigentlich funktionieren kann. Aber, hier funktioniert es wirklich! Unpünktlichkeit bedeutet hier nicht Unzuverlässigkeit, sondern es wird allgemein akzeptiert(ausgehalten). Ich spreche jetzt für Situationen im Alltag, im Arbeits-und Schulleben kann das schon wieder anders aussehen. Was ich meine ist, dass die Menschen auch einfach geduldiger und entspannter sind, denn es ist nicht immer alles durchgeplant, sondern man lebt einfach im hier uns jetzt! Es ist schon etwas gewöhnungsbedürftig und das ein oder andere mal auch anstrengend, wenn man nicht weiß wann, was, wie....Andereseits dauert so auch alles ein bisschen länger und wenn man diese Zeit nicht hat, dann könnten Termine schonmal hilfreich sein....

Das nächste was mir auffällt, ist die Art und Weise sich kennen-und/oder-lieben zu lernen. Es ist uns schon öfter passiert, dass wir mit Menschen zusammen sitzen, deren Namen noch nicht mal unser Gastvater kennt, obwohl sie seit zwei Stunden nebeneinandersitzen. Also Freunde werden mitgebracht und es wird sich auch vorgestellt, aber manchmal sitzt man auch einfach nebeneinander und unterhält sich über das Wetter. Aber diese sag ich mal typischen „Kennenlern-Gespräche“ mit ganz vielen Fragen über Hobbys, Schule, Freunde habe ich bisher kaum erlebt. Neugierde zeigen hier nur die Kinder total offen. Vielleicht liegt das auch daran, dass wir bisher kaum Leute in unserem Alter kennengerlernt haben und vielleicht ist es bei den Jugendlichen auch anders....Gestern zum Beispiel hab ich mit dem Freund eines Freunden getanzt, der auch mehrere Stunden mit uns zusammen saß. Aber ich wir wissen nicht einmal seinen Namen. Ich weiß auch nicht genau was es ist, aber irgendwas läuft hier anders...Es finden einfach nicht so viele offene Gespräche statt, wie das zum Beispiel bei uns beim Essen so wäre. Essen erlebe ich bisher nur als 15 minütige Nahrungsaufnahme. Wir lernen in der Schule und Zuhause viel zu reflektieren und die Fähigkeit ist auch immer wieder von Vorteil, wie ich öfters festgestellt habe. Das habe ich hier noch nicht erlebt und ein bisschen fehlt es mir auch. Ja gut, jetzt bin ich erst zwei Wochen hier, also was weiß ich schon. Vielleicht denke ich das auch nur, weil ich deren Sprache nicht fließend sprechen und verstehen kann. Es ist schwierig, das nicht nur kritisch zu sehen, wenn man die Vorteile kennt. Diese fremde Mentalität ist einerseits interessant, aufregend und total toll, aber auch schwierig zu begreifen. Ich glaube, dass ist einer der größten Herausforderungen.
Die „fehlenden“ Anfangs-Kennenlern-Gespräche bedeuten hier allerdings nicht, dass man sich nicht doch sympathisch finden kann. Ich hatte gestern erst eine komplizierte Diskussion über wahre Liebe.^^ Ein Freund von unserem Gastvater, 25 oder so, hat mir ernsthaft versucht klar zu  machen, dass ich ihm sehr gefalle und wir zusammen sein sollten. Denn das geht hier schneller als bei uns. Heikles Thema. Ich hab ihm versucht zu erklären, dass man sich in meiner Kultur erst kennenlernt und für gewöhnlich danach ein Paar wird. Oder hab ich da was missverstanden? Jedenfalls war es nicht sehr einfach das richitg zu erklären, denn verstanden hat er es nicht, glaube ich. Außerdem kam er dann mit dem Argument, dass wir ja ein Jahr Zeit haben um uns kennenzulernen...Das kann ja auch schön und gut sein, aber wie schon erwähnt, versuchen wir Deutschen uns oft im Planen der Zukunft, weswegen meine Familie, meine Freunde und ich uns auch einig darüber waren, dass ich nicht heirate oder einen Freund mitbringen.^^ Ich hoffe, meine Überzeugungskraft reicht aus, ihm ein „nein“ klar zu machen, denn die Diskussion ist noch nicht ganz ausgestanden.
Soviel erstmal dazu.
Bescheidenheit oder Sparsamkeit ist auch eine schwierige Sache. Denn die Menschen hier sind so gastfreundlich, dass es garnicht so einfach ist sich zurückzuhalten ohne beleidigend zu sein. Wir möchten nunmal nicht direkt drei Colas bestellen oder den anderen das Essen wegessen, aber wenn wir freundlich ablehnen, sehen die Leute hier nicht so glücklich aus....Aber mit ein paar einfachen Tricks kommt man auch damit irgendwie klar. Wir trinken zum Beispiel unsere Cola extra langsam, damit sie nicht denken wir brauchen eine Neue, um unseren Drust zu stillen. Oder wir lassen einen Löffer auf dem Teller übrig, dann glauben sie uns auch, dass wir wirklich satt sind.

Es gibt auch einiges, was ich hier bewundere und was mir in Deutschland nicht so auffällt. Die Menschen haben schon ein anstrengenderes Leben als bei uns. Um wohlhabend zu sein muss man eigentlich den ganzen Tag arbeiten und viel körperlich schuften. Sogar als Kind. Und trotzdem ist die Stimmung auf den Straßen eine viel bessere als bei uns. Man ist nicht so schnell genervt und lernt einfach total viele nette, gastfreundliche Menschen kennen. Die Menschen zeigen Interesse und fragen wirklich, wie es einem geht! Es soll nicht heißen, dass hier alle Menschen glücklich sind und alles schön ist...aber jeder bemüht sich und das merkt man. In unserem Haushalt bekocht Marie jeden Tag die ganze Familie. Das ist echt ein Knochen-Job und vielleicht kennt sie es auch nicht anders.  Und so geht es hier vielen Frauen. Aber alle freuen sich, wenn man ihr Essen lobt, es wird hier viel gelacht und getanzt. Das nicht alles immer kritisch betrachtet wird kann auch ein Vorteil sein. Dabei wissen die Menschen hier auch wie es z.B. in Europa ist, denn es wird auch viel Fernsehn und dergleichen geguckt. Aber die Menschen beschweren sich nicht die ganze Zeit oder bemitleiden sich! Man freut sich über Kleinigkeiten und hat viel Spaß und das sieht man den Menschen hier auf der Straßen an.

Ich hoffe ihr konntet mir jetzt in irgendeiner Weise folgen, denn es ist garnicht so einfach seine Gedanken mal eben aufzuschreiben...:)

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